Am 8.2.2023 fand im Bildungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags eine Anhörung statt. Bildungsexperten und Expertinnen legten dar, welche Ursachen sie für die schlechten Leistungen der Viertklässler in Deutsch und Mathematik sehen und was getan werden muss, damit am Ende der Grundschulzeit die notwendigen Kompetenzen erreicht werden.
In den Stellungnahmen finden sich auch Aussagen, die den Frühpädagogischen Bereich betreffen.
Birgit Pikowski vom Pädagogischen Landesinstitut verweist auf US-Forscher, die bereits in den 90er- Jahren herausfanden, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien schon mit drei Jahren 30 Millionen Wörter weniger gehört haben. Da jedes Kind ein Recht auf Förderung hat, solle der Blick auch auf den Frühkindlichen Bereich gerichtet werden, so Frau Pikowski. Sie fordert, dass alle Kinder mit dem Eintritt in die Grundschule in der Lage sein sollen, sich in der deutschen Sprache zu verständigen. Die Direktorin des Pädagogischen Landesinstitut empfiehlt für alle Kita- Kinder eine alltagsintegrierte Sprachförderung und als Methode das Landescurriculum „Mit Kindern im Gespräch.“
Frau Prof. Dr. Petra Stanat vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen fordert in ihrer Stellungnahme, dass bereits in den Kitas die pädagogische Qualität systematisch weiterentwickelt und damit verbessert werden muss.
Prof. Dr. Felicitas Thiel von der Freien Universität Berlin weist in Ihrer Expertise auf folgendes hin: „Grundlegende sprachliche, mathematische und sozial-emotionale Kompetenzen entwickeln sich von Geburt an und stellen eine wichtige Voraussetzung für die weitere Lern- und soziale Entwicklung in der Grundschule dar. 20 Prozent der Kinder zeigen bereits vor Eintritt in die Schule Auffälligkeiten in der sprachlichen, mathematischen und sozialemotionalen Entwicklung. Eine Förderung dieser Kompetenzen erfolgt bislang in den Einrichtungen der frühen Bildung nur selten systematisch.“
Als Fachkräfte der täglichen Praxis können wir den drei Expertinnen nur zustimmen. Gute Frühkindliche Bildung legt das Fundament einer erfolgreichen Schulkarriere. Dazu braucht es kindgerechte Rahmenbedingungen in unseren Kitas, von denen wir leider noch weit entfernt sind. Der Verweis von Frau Pikowski auf das Landescurriculum „Mit Kindern im Gespräch“ macht exemplarisch deutlich, dass kontinuierliche Förderung und Bildung auf die entsprechenden strukturellen Rahmenbedingungen angewiesen sind. Sprachförderliches Verhalten in Alltagssituationen bildet nur einen Teil der alltagsintegrierten Sprachförderung. Im Curriculum als wichtig erachtet werden beispielsweise Bilderbuchbetrachtungen mit anschließenden intensiven Gesprächen, gemeinsame Rollenspiele von Fachkräften und Kindern, Experimente und Aktivitäten in Kleingruppen mit projektorientiertem und forschendem Ansatz. Es braucht ausreichend Zeit, um Kinder in Schlüsselsituationen zu beobachten, aus denen mit den Kindern gemeinsam spannende Aktivitäten, die viel Anlass zum Sprechen geben, entwickelt werden.
Wir hoffen, dass diese Anhörung die rheinland-pfälzische Bildungspolitik motiviert, systematisch die Kita-Qualität zu verbessern. Unter kindgerechten Rahmenbedingungen könnten Kinder, die bereits in der Kita gut gefördert wurden, in einigen Jahren als Viertklässler wesentlich bessere Ergebnisse beim IQB-Bildungstrend erzielen.