Zum 14. Mal veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung am 24.8.2021 den Ländermonitor der frühkindlichen Bildungssysteme.
Der Befund ist immer der Gleiche. Die meisten KiTa-Kinder in Deutschland verbringen ihren Alltag in Einrichtungen, die nicht kindgemäß ausgestattet sind. Besonders Personalschlüssel und Gruppengrößen entsprechen nicht den Mindestanforderungen der Fachleute an eine gute pädagogische Qualität. Auch nach 14 Jahren, in denen die Bertelsmann-Stiftung auf die Defizite hinweist, erreicht kein Bundesland die erforderlichen Mindeststandards. (Anlage1).
In Rheinland-Pfalz haben laut Ländermonitor 79,7% aller KiTa-Kinder keine kindgerechten Personalschlüssel in ihrer Einrichtung, im Bundesdurchschnitt sind es 72,7% (siehe Anlage 1).
Auch bei den Gruppengrößen schneidet RLP schlecht ab. 64% aller Gruppen sind zu groß, bei der häufigsten Gruppenform (2-6 -jährige) sind es sogar 89%. Im Bundesdurchschnitt sind es 54%. (Anlage2).
Das Problem des Fachkräftemangels, das die Bertelsmann Studie in diesem Jahr wieder anspricht, ist seit Jahren bekannt. Die Idee einer vergüteten praxisintegrierten Ausbildung für alle gibt es schon lange, aber noch immer werden viele Erzieher*innen schulisch ohne Bezahlung ausgebildet.
Es ist nicht gut um die pädagogische Qualität in unseren rheinland-pfälzischen KiTas bestellt. Das zeigt der Ländermonitor auch in diesem Jahr wieder sehr deutlich. Es geht nicht darum, gute Standards verbessern zu wollen, sondern eine gute frühkindliche Bildung und Betreuung für alle Kinder überhaupt erst möglich zu machen. Wir brauchen Kindertagesstätten, die kindgerecht sind!
Frühkindliche Bildung basiert auf einem ganzheitlichen Lernen. Junge Kinder brauchen vielfältige Gelegenheiten und Materialien zum Fühlen, Sehen, Hören, Schmecken und Riechen. Sie benötigen Bezugspersonen, die ausreichend Zeit haben, mit ihnen die Welt zu entdecken, zu beobachten, Fragen zu stellen und gemeinsam nach Antworten zu suchen. Sie brauchen anregende Bewegungs- und Naturräume, um sich auszuprobieren und zu experimentieren.
Dafür gibt es in unseren KiTas zu wenig Zeit und Raum. Seit Jahren liegen die Mindestanforderungen an kindgerechte Personalschlüssel und Gruppengrößen in den Schubladen der Ministerien. Fachwelt und Fachpraxis sind sich über die erforderlichen Rahmenbedingungen einig. Politisch bewegt hat sich hier allerdings wenig.
Die ersten Lebensjahre im Leben eines Menschen sind prägend. Sprache, kognitive Fähigkeiten, Grob und Feinmotorik, aber auch emotionale Stabilität, soziale Fähigkeiten und Resilienz entwickeln sich früh und sind eine Grundlage der Bildungsbiografie.
Gerade für Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen könnten gut ausgestattete KiTas zur Chancengleichheit beitragen und Entwicklung adäquat begleiten und fördern.
Was in den ersten Jahren versäumt wird, kann später nur mit größerem Aufwand und höheren Kosten nachgeholt werden.
Kindgerechte KiTas sind kein Luxus, sondern eine Investition in die Zukunft.
Anlage 1
Anlage 2
Zitat Blitzlichter: Status-quo der Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz
„Der Personalschlüssel lässt sich mit den Daten der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH-Statistik) für verschiedene Gruppentypen berechnen. So werden 2020 in RP 26% der unter 3-Jährigen in Krippengruppen betreut. Mit einem rechnerischen Personalschlüssel von 1 zu 3,7 wird hier noch nicht die Empfehlung der Bertelsmann Stiftung (1 zu 3,0) erreicht. Weitere 21% dieser Altersgruppe besuchen Gruppen mit Kindern unter 4 Jahren; der Personalschlüssel ist hier mit 1 zu 4,7 ungünstiger als in Krippengruppen und stellt kein kindgerechtes Verhältnis dar. In auch für 2-Jährige geöffneten Kindergartengruppen werden weitere 18% der unter 3-Jährigen zusammen mit 33% der über 3-Jährigen bei einem Personalschlüssel von 1 zu 7,9 betreut. Das ist deutlich ungünstiger als der wissenschaftlich empfohlene Wert von 1 zu 4,9.1 Der größte Anteil der ab 3-Jährigen (38%) besucht Kindergartengruppen (Personalschlüssel: 1 zu 8,4 – Empfehlung der Bertelsmann Stiftung: 1 zu 7,5). 2020 steht in RP für 80% der Kinder in amtlich erfassten KiTa-Gruppen2 nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung, das sind mehr als bundesweit (73%). Die nicht kindgerechte Personalausstattung betrifft die Kinder unter und ab 3 mit jeweils rund 80%. in RP rein rechnerisch 1,7 Kindergartenkinder mehr von einer Fachkraft betreut werden als in BW, dem Bundesland mit der günstigsten Personalausstattung. Die Gruppengröße ist ein weiterer wichtiger Gradmesser für die Qualität in KiTas. Nach wissenschaftlichen Empfehlungen sollten Gruppen für jüngere Kinder maximal zwölf Kinder umfassen, für die Älteren maximal 18.3 In RP werden diese Werte bei 64% der amtlich erfassten KiTa-Gruppen nicht erreicht (bundesweit: 54%). Mit 89% ist insbesondere ein größerer Anteil der auch für 2-Jährige geöffneten Kindergartengruppen zu groß; bei den Kindergartengruppen sind es 77%. Darüber hinaus entsprechen 55% der Gruppen mit Kindern unter 4 Jahren und 14% der Krippengruppen nicht den Empfehlungen. Insgesamt sind in RP die ab 3-Jährigen mit 83% häufiger von nicht kindgerechten Gruppengrößen betroffen als die unter 3-Jährigen (52%).“
Quelle: Bertelsmann Ländermonitor 2021 Rheinland-Pfalz