Die Seminarreihe „Mainzer Thesen“ beschäftigt sich mit gewerkschaftlichen Forderungen der GEW an die Landespolitik. Am 21. Januar 2021 ging es um die Frage, wie sich die Attraktivität pädagogischer Berufe erhöhen lässt und am 28. Januar 2021 um notwendige Rahmenbedingungen für eine gute frühkindliche Betreuung und Bildung. Nachdem die Positionen und Forderungen der GEW vorgestellt wurden, folgte eine rege Diskussion mit den Teilnehmenden.
Für den KiTa-Bereich wäre es wichtig, dass eine bezahlte Ausbildung, die Theorie und Praxis eng verzahnt, zum Standard wird. Die Azubis dürfen dabei nicht auf den Stellenschlüssel angerechnet werden. Junge Leute schreckt die Aussicht auf eine fünfjährige Ausbildung, in der vier Jahre nichts bezahlt wird, ab. Nach wie vor gibt es für Absolventen der Studiengänge für frühe Bildung das Problem, dass sie das gleiche Gehalt bekommen wie Fachkräfte ohne Studium.
Auf Dauer braucht unser Beruf aber vor allem KiTa-Rahmenbedingungen, mit denen die Fachkräfte ihrem Bildungs- und Betreuungsauftrag gerecht werden können. Das war das Thema des zweiten Seminars. Viele Erzieher*innen steigen wieder aus dem Berufsfeld KiTa aus und nur ca. ein Drittel der Beschäftigten kann sich vorstellen, den Beruf bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter auszuüben. Wie immer, wenn Erzieher*innen sich austauschen, herrschte große Einigkeit über das, was nötig wäre. Wir brauchen eine bessere Fachkraft-Kind-Relation, adäquate Räumlichkeiten und ausreichend mittelbare Arbeits- oder Leitungszeiten. Bereits 2009 wurde eine unter anderem von der GEW in Auftrag gegebene Expertise veröffentlicht, die klare Mindestanforderungen an eine gute frühkindliche Bildung und Betreuung benennt (externer Link zur Expertise: „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung – Wissenschaftliche Parameter zur Bestimmung der pädagogischen Fachkraft-Kind-Relation„).
Heute im Jahr 2021 blicken wir auf einen rasanten quantitativen KiTa- Ausbau gerade auch im U3-Bereich zurück. Fachkraft-Kind-Relation und Gruppengrößen bleiben für die meisten KiTa-Kinder dagegen immer noch weit hinter den Mindeststandards zurück. Die räumliche Situation hat sich in vielen KiTas in den letzten Jahren sogar verschlechtert, da aus manchem Nebenraum zum Beispiel ein Schlafraum wurde und in den Gruppenräumen oft auch gegessen wird.
Die Teilnehmer sprachen auch darüber, dass es wichtig ist, sich für bessere Bedingungen zu engagieren. Es ist außerdem die Aufgabe jeder KiTa-Fachkraft vor Ort, prekäre Bedingungen nicht hinzunehmen oder mitzutragen. Gute Instrumente, damit das nicht passiert, sind die Handlungspläne bei Personalausfällen und Überlastungsanzeigen beim zuständigen Jugendamt. Auch wer regelmäßig in seiner Freizeit zum Beispiel Elterngespräche vorbereitet, die pädagogische Arbeit plant oder Entwicklungsdokumentationen fertig stellt, signalisiert nach außen, dass es ja schon irgendwie läuft. Wir müssen lernen, transparent und klar zu kommunizieren, was unter den gegebenen Rahmenbedingungen leistbar ist und was aus welchen Gründen nicht möglich ist.
Vielen Dank an die folgenden GEW Referenten und Referentinnen, die diese Seminare ehrenamtlich veranstalten:
- Elisabeth Ellenberger (BPR Grundschulen),
- Erni Schaaf-Peitz (Vorstandsbereich Jugendhilfe- u. Sozialarbeit),
- Birgit Wolsdorfer (BPR Förderschulen),
- Michael Geckeler (Fachgruppe Sozialpädagogische Berufe),
- Kathrin Gröning (stellvertretende Landesvorsitzende).
Ich stimme dem Bericht voll und ganz zu. Leider sehe ich täglich, wie viele Kolleginnen nicht verstanden haben, dass man durch “ zu allem Ja und Amen“ sagen, nichts verbessert.
Seien Sie einfach Vorbild. Die anderen können Sie nicht verändern, ihr eigenes Handeln aber schon. Obwohl noch viel Luft nach oben ist, sind immer mehr Erzieher*innen nicht mehr bereit, die unzureichenden Rahmenbedingungen mitzutragen. Mir macht das Mut, obwohl ich viel Resignation um mich herum erlebe.
Corona hatte auch positive Auswirkungen!
In unserer viergruppigen Einrichtung waren in der Zeit von Januar bis Ende Februar zwischen 5 und 10 Kindern pro Gruppe, bei einem Personalschlüssel von 2,5 VZÄ ! Bei uns durfte niemand ins Home Office gesandt werden, Träger Entscheidung.
Wir konnten bei allen Kindern(2 bis 6 J) beobachten, wie ausdauernd und konzentriert sie sich ihren Themen (ob Bauen, Atelier , Tischspiele , bewegung etc.) gewidmet haben. Ursache? Weniger Lärm und mehr Platz, da weniger Kinder pro Raum! Mehr Aufmerksamkeit und qualitativ intensivere Betreuungszeit durch die Fachkräfte. Die Kinder haben als weiteren positiven Effekt gezeigt, dass sie sich mit, an zuvor von ihnen als schwierig und somit als vermeidbar empfundene Themen , jetzt den Mut und das Interesse entwickelt haben, sich damit auseinander zusetzen! Bedingt sicherlich auch durch die intensivere Wahrnehmung des Einzelnen durch das päd.Personal! Die Kinder haben eindeutig in ihrer entwicklung durch die günstige Kind-Fachkraft Realtion profitiert!
Insgesamt hat unser Team das Fazit gezogen, dass wir, Dank Corona, zu einer intensiven Überarbeitung unserer Konzeption kommen konnten, was in normalen Zeiten nicht möglich gewesen wäre!Bzw. noch in vielen Wochen nicht zuende gebracht wäre! Rechnet man diese Arbeitsstunden zusammen, dann müssten diese als Verfügungszeit on top zu den Arbeitszeiten am Kind kommen! Das wäre realistischer als die bis jetzt spärlichen Zeitbudgets für Elterngespräche, Vor-und Nachbereitung und Teamzeiten eingestellten Zeitdeputate! Hier bedarf es noch dringend der Nachbesserung bei der Berechnung der Vollzeitäquivalente pro Kind im neuen Kita-Gesetz, um eine echte Verbesserung zu bewirken!