Aufgrund einer regen Diskussion in der Kommentarspalte eines Facebook-Beitrages einer Erzieherin lud Herr Placzek interessierte Kita-Mitarbeiter*innen zu einer Videokonferenz ein. Der Link wurde uns zur Verfügung gestellt und nach Absprache öffentlich gepostet. Daher wusste niemand, wie viele Personen an der Videokonferenz teilnehmen würden. Auch eine Moderation durch uns war nicht möglich.
Einen Bericht über diese Veranstaltung zu schreiben, ist nicht so einfach. Die Emotionen schlugen hoch und die Diskussion wurde mit Wortbeiträgen und über den Chat in weiten Teilen kontrovers geführt.
Dieser Bericht ist daher nicht als Protokoll zu verstehen, sondern versucht, das Ganze etwas zusammenzufassen und zu reflektieren.
Bis zu 79 Teilnehmer nahmen an der digitalen Konferenz teil. Anlass war die Unzufriedenheit vieler KiTa-Fachkräfte mit dem Pandemiemanagement des Landes für die KiTas.
Herr Placzek sprach zu Beginn über die Komplexität des KiTa-Systems. Erzieher*innen, Eltern, Träger, Kommunen und Kreise, Jugendämter und auch das Land seien am System beteiligt und wollten mitreden. Für großen Unmut unter den Teilnehmenden sorgte die Aussage, dass der KiTa-Fachkräfteverband mit seinen einigen hundert Mitgliedern nicht unbedingt die Meinung der Erzieher*innen im Land widerspiegele. Viele Fachkräfte wären vielleicht anderer Meinung. Auf unsere Nachfrage, wo denn Erzieher*innen zu finden seien, die mit dem Pandemiemanagement für die KiTas zufrieden sind, sagte Herr Placzek, dass selbst 41000 unzufriedene Erzieher*innen im Gesamtkontext nicht im Entscheidungsprozess relevant wären, da zum Beispiel Eltern die viel größere gesellschaftliche Gruppe seien. Den Wünschen der größeren Gruppe müsse mehr Rechnung getragen werden. Die Interessen der Erzieher*innen hätten sich auch in Bezug auf Corona -Maßnahmen im KiTa-Alltag hier unterzuordnen. Im Gremium der KiTa-Spitzen seien alle Beteiligten versammelt. Die Erzieher*innen wären durch die Gewerkschaften vertreten. Zum Beispiel die Maskenpflicht für Erzieher*innen wäre in den KiTa-Spitzen einstimmig beschlossen worden.
Heute erreichte den KiTa-Fachkräfteverband eine Mail von Herrn Placzek, in der er seine Aussage über die Relevanz der Kita-Fachkräfte erläutert. Zitat:
„Ich bin offensichtlich falsch verstanden worden. Zu keinem Zeitpunkt habe ich die Auffassung vertreten, dass die Erzieherinnen und Erzieher bei Entscheidungen im Bereich Kita nicht maßgeblich seien. Kurz möchte ich noch einmal kurz darstellen, was ich gemeint habe. Es gibt im Bereich der Kitas viele berechtigte Interessen, die bei Entscheidungen berücksichtigt werden sollten, vor allem die der Kinder. Darüber hinaus sind es die Beschäftigten, die Einrichtungen, die Träger, die Eltern, die örtlichen Jugendämter und auch das Land. Ziel muss es sein, gerade bei einschneidenden Entscheidungen, einen großen Konsens unter allen Beteiligten herbeizuführen. Das gelingt nicht immer. Dennoch darf nicht in Frage gestellt werden, dass diese Interessen berechtigt sind.“
Der Leiter des Landesjugendamtes wies in der Onlinekonferenz auch darauf hin, dass für viele Entscheidungen nicht das Land zuständig sei. Die Träger vor Ort wären verantwortlich. Sie hätten Gestaltungsspielraum, die Corona-Empfehlungen des Landes umzusetzen. Das gelte auch für die Maskenpflicht. Der Träger könne bestimmen, welche pädagogischen Ausnahmen gelten und ob im Außengelände die Maskenpflicht für das Personal ausgesetzt wird. Der Träger könne auch veranlassen, dass Kinder durch mobile Testteams in den Einrichtungen getestet würden. Das Land würde die Tests auch für die Kinder bezahlen. Lollitests, die Eltern oder Erzieher*innen einfach durchführen könnten, wären nur für Modellprojekte und flächendeckend zugelassen.
Die Notbremse des Bundes habe zukünftig auch Auswirkungen auf die KiTas in Rheinland-Pfalz. Ab einer Inzidenz von 165 greife dann eine Notbetreuungsregelung. Auch die Notbetreuungsregelung müsse allerdings sicherstellen, dass alle, die eine Betreuung brauchen, diese auch bekämen.
Zum Thema KiTa-Zukunftsgesetz wies Herr Placzek auf die Übergangsfristen hin. Es müsse vor Ort geschaut werden, was ab Sommer umsetzbar sei und was nicht. Die Träger hätten mit der Umsetzung bis 2025 Zeit.
Die Teilnehmer verdeutlichten in der Diskussion, mit welchen Problemen sie vor Ort zu kämpfen haben und machten konkrete Verbesserungsvorschläge.
- Die Notbetreuung soll helfen Kontakte zu reduzieren, damit die Infektionszahlen sinken. Wenn Einrichtungen statt 100% der Kinder dann immer noch 80% betreuen, weil fast alle die Notbetreuung in Anspruch nehmen können, wo ist dann der Beitrag zur deutlichen Kontaktreduzierung? Es braucht klare Vorgaben, wie zum Beispiel, dass Eltern, die im Homeoffice arbeiten, verpflichtet werden, die Kinder zu Hause zu betreuen. Notbetreuung sollte nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es gar keine andere Betreuungsmöglichkeit gibt.
- Die Testung von Kindern durch Testteams ist vielerorts nur theoretisch möglich, da die mobilen Testteams meist keine freien Kapazitäten haben. Was spräche dagegen, dass zum Beispiel Lollitests flächendeckend zugelassen würden?
- Ein weiteres Anliegen ist, dass die Schreiben des Landesjugendamtes nicht freitags an die KiTas gehen, mit der Aufforderung, bis montags neue Regelungen umzusetzen. Eine Möglichkeit wäre, dass Beschlüsse vom Freitag erst am darauffolgenden Mittwoch umgesetzt werden oder die Schreiben erst anfangs der Woche versendet werden.
- Eines unserer Mitglieder, das auch gewerkschaftlich organisiert ist, nahm zur ver.di Kontakt auf und bekam die Information, dass die Gewerkschaft beim KiTa-Tag der Spitzen nicht der Maskenpflicht für das päd. Personal zugestimmt hat. Für die KiTa-Fachkräfte vor Ort ist nicht transparent nachvollziehbar, wer im KiTa-Tag der Spitzen welche Positionen vertritt und wer Beschlüssen zustimmt oder nicht. Hier wünscht sich die Basis Transparenz. Öffentlich einsehbare Wortprotokolle der Sitzungen wären hilfreich. Für die Sitzungen des Landtags und der Ausschüsse ist diese Praxis ja schon lange selbstverständlich. Die KiTa-Fachkräfte fordern hier den Einblick in Entscheidungsprozesse, die unmittelbare Auswirkungen auf ihren KiTa-Alltag vor Ort haben.
- Die Umsetzung des neuen KiTa-Gesetzes macht vielen Einrichtungen noch Kopfzerbrechen. Es ist wichtig, hier den Druck zu nehmen und immer wieder auf die Übergangsfristen hinzuweisen. Es ist außerdem noch völlig offen, ob es im Juli immer noch Einschränkungen in den KiTas aufgrund der Pandemie gibt und es dadurch zu zusätzlichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung kommt.
Es gibt aber natürlich noch weiteren Gesprächsbedarf. Die KiTa-Fachkräfte wünschen sich deshalb eine weitere Videokonferenz, die das neue KiTa-Gesetz zum Inhalt hat und hoffen, dass das in der nächsten Zeit möglich sein wird.
Hallo,
ich sehe das mit der Notbetreuung genau wie Sie. Aus diesem Grund schrieb ich an unsere OB Frau Steinruck. Auch wir haben 60 – 75 % der Kinder in der Notbetreuung. Natürlich auch die Kinder deren Eltern schon seit einem Jahr im Home-Office sind.
Herr Platzek braucht gar nicht zurückzurudern. Er hat die Wahrheit gesagt; die Eltern sind mehr als die paar Erzieher und im Hinblick auf die Wahl im Herbst natürlich wichtiger.
Ich bin auch Verdi – Mitglied und muss feststellen, dass wir auch hier eine zu kleine Gruppe sind und daher nichts für uns getan wird.
Viele Grüße
Kerstin Thon