Offener Brief eines Verbandsmitglieds an Bundesfamilienministerin Giffey

Der nachfolgende offene Brief des Verbandsmitglieds und unserer Webadministratorin Sandra Krollmann bezieht sich auf folgende Aussage von Frau Franziska Giffey: „Die Gruppe von null bis fünf Jahren infiziert sich nach wie vor am seltensten mit dem Coronavirus. Die Zahl der Neuinfektionen liegt hier im bundesweiten Durchschnitt bei 59 pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.“ Hintergründe sind unter anderem unter folgendem Link nachzulesen: Giffey: Corona-Infektionen bei Kita-Kindern rückläufig.

Sehr geehrte Frau Giffey,

Ich weiß ja nicht in welchen Kindertageseinrichtungen Sie mal unterwegs waren, aber aus der Praxis heraus kann ich Ihnen bestätigen: Ihre Wahrnehmung ist verzerrt.

Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass KiTa-Kinder und meines Wissens auch Grundschulkinder in der Regel nicht getestet werden, es sei denn, die Eltern bestehen vehement auf eine Testung? Haben Sie sich schon einmal überlegt, warum in den letzten Tagen vermehrt Lehrer und pädagogische Fachkräfte ausfallen, weil sie sich mit Corona infiziert haben? Ausnahmslos alle infizierten Fachkräfte, mit denen ich gesprochen habe, haben sich im privaten Bereich an alle derzeitigen Bestimmungen gehalten. Diese Corona-Infektionen MÜSSEN daher von den Kindern ausgegangen sein. Ihre Zahlen, die sie so öffentlich immer wieder preisgeben, entsprechen nicht der Realität. Kinder sind vielleicht keine Infektionstreiber, aber sie können das Virus asymptomatisch oder sogar gänzlich symptomfrei weitergeben. Das wurde sogar mittlerweile in mehreren Studien belegt (siehe dazu unter anderem die Studie des Helmholtz-Zentrums München). Es wird nur nicht entdeckt, weil Kinder eben von den Ärzten nicht getestet werden.

Bitte hören Sie auf, diesen Umstand unter den Tisch zu kehren und Eltern, Lehrer und pädagogische Fachkräfte weiter zu verunsichern. Sagen Sie doch einfach wie es ist: Wir müssen die KiTas und Schulen offenhalten, damit die Wirtschaft nicht stillsteht.

Dafür nehmen wir in Kauf, dass sich das Virus in den Einrichtungen und Schulen weiterverbreitet. Als kleine Hausaufgabe können Sie sich ja dann nochmal mit ihrem Krisenstab zusammensetzen und überlegen, was man dann noch tun könnte, um das Fachpersonal in frühpädagogischen Einrichtungen und den Schulen zu schützen.

Kleiner Tipp: Regelmäßige Testungen des Personals (von mir aus auch Selbsttests, aber dann bitte mit einer Schulung, die auch nicht erst im Februar erfolgen sollte), vernünftige Hygienekonzepte und vor allem die Möglichkeit dazu, die Öffnungszeiten in Kombination mit dem Personalschlüssel in den KiTas so anzupassen, dass sich keine Durchmischungen mehr ergeben. Ach ja, und eine Politikerin, die die Dinge beim Namen nennt, das wäre auch nicht verkehrt.

Ja, das Virus schränkt uns alle ein wenig ein. Aber es schützt uns alle auch ein bisschen mehr, wenn ALLE KiTas in Deutschland die oben genannten Optionen hätten. Sowohl die Fachkräfte, als auch die Lehrer, die Kinder und ihre Familien. Und das sollte doch als Bundesfamilienministerin in Ihrem Sinne sein.

Mit freundlichen Grüßen,

Sandra Krollmann

Erzieherin in einer rheinland-pfälzischen KiTa

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6 Meinungen zu “Offener Brief eines Verbandsmitglieds an Bundesfamilienministerin Giffey

  1. Susanne Dohmen sagt:

    Ich kann mich nur Frau Krollmann anschließen! Kindergartenkinder werden nicht getestet! Es sind zurzeit so viele Kinder erkrankt und mit Erkältungen in den Einrichtungen. Ärzte schicken Eltern mit kranken Kindern ohne Testungen wieder nach Hause und wir haben sie dann in den Kitas krank sitzen. Es ist unverantwortlich wie mit Kindern und Erziehern umgegangen wird. Die Wirtschaft steht da an vorangiger Stelle. Wobei diese zunehmend auch noch vor die Wand gefahren wird, siehe Restaurantschließungen ect. Die Kitas müssen wieder zum eingeschränkten Regelbetrieb zurück, d.h. feste Gruppen mit reduzierter Stundenzahl. Anders ist es nicht in den Griff zu bekommen! Erzieher, Lehrer und Kinder müssen geschützt werden!

    • Amisoc sagt:

      Danke für die offene Sichtweise.
      Das es nicht schon längst geschehen ist, ist so traurig 😢 wenn ich oben bereits geschrieben nochmal zitieren darf “ Es ist unverantwortlich wie mit Kindern und Erziehern umgegangen wird und wurde“. Was nützt das ganze Gerede und Einhalten aller Vorschriften, wenn die Kinder nach wie vor so frontal der gesundheitlichen Situation ausgeliefert sind. Ich bin für den eingeschränkten Regelbetrieb mit festen Gruppen und einer reduzierter Stundenzahl für die Kinder, denen es gesundheitlich gut geht und wirklich die Einrichtungen besuchen können.

  2. Anne sagt:

    Chapeau! Genauso sieht es in der Realität aus! Hier wird konkret an- und ausgesprochen was wir Erzieher in dieser Zeit fühlen und erleben! Ein 100% Lob an den Verband und die Autorin des Artikels! Danke dafür!!!!

  3. Schwalbe sagt:

    Ich kann mich dem nur anschließen.
    Mein Sohn ist Corona positiv getestet worden, mein Mann und ich sind negativ. Jetzt sind wir für 14 Tage in Quarantäne, obwohl wir uns strikt an die Hygiene- und Schutzvorgaben gehalten haben. Das Virus hat er durch die Kita mitbekommen.
    Nur aufgrund dessen, dass mein Mann ebenfalls eine Person des öffentlichen Interesses ist, konnten wir drei uns testen lassen.
    Mein Sohn zeigte keine typischen Symptome und sein Allgemeinbefinden ist grundsätzlich positiv.
    Es wäre also ohne Testung nicht aufgefallen.
    Mittlerweile sind alle 7 oder 8 Gruppen der Kita meines Sohnes in Quarantäne, weil fast das gesamte Personal positiv getestet wurde.
    Definitiv müssen weitere Überlegungen im Bezug auf die Pandemie und auf Sicht der Kitas und Schulen folgen!

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