Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, sie in ihren Stärken zu fördern, ihnen Hilfestellungen zu geben und ihnen spielerisch lebenspraktische Fähigkeiten zu zeigen, sind nur ein paar kleine Beispiele dafür, was frühkindliche Bildung in einer Kita ausmacht.
Aber warum entscheiden wir uns dazu, Erzieher/in zu werden?
Es sind nicht die seit Jahren bekannten miserablen Rahmenbedingungen, unter denen die Kitas ächzen. Es ist nicht der Personalmangel, der die Betreuung der Kinder sicherzustellen, beinahe unmöglich macht. Es sind nicht die Belastungen, die durch die zunehmenden Anforderungen unter denen viele in diesem Job leiden, die eigene Gesundheit gefährden. Es ist nicht die fehlende Anerkennung von Seiten der Gesellschaft und der Politik, die uns entgegengebracht wird. Ich könnte noch viel mehr Inhalte aufzählen, warum man sich dazu entscheiden könnte, diesen Job nicht fünf Jahre zu erlernen, ohne Vergütung während der Ausbildung und einem späteren Lohn, der in keiner Weise die Ausbildung und die Verantwortung widerspiegelt.
Es ist eigentlich ganz einfach. Unser Antrieb ist die Liebe zu den Kindern – der Grund warum wir diesen Job ausüben möchten. Manche von uns begleiten die Kinder bereits ab dem 1. Lebensjahr bis hin zum Vorschulalter, teilweise darüber hinaus. Wir erleben, wie aus Kleinkindern, die gerade Laufen gelernt haben, kleine Persönlichkeiten werden – und wir als Erzieher durften einen Teil dazu beitragen. Wir geben täglich unser Bestes und das beinhaltet nicht nur die fachliche Qualität unserer pädagogischen Arbeit, es ist unser Herzblut was unsere Arbeit ausmacht. Werte wie Empathie, Nächstenliebe, Fürsorge, Achtsamkeit und Respekt sind wir täglich bereit zu geben. Die Umarmungen, das laute Lachen und die strahlenden Augen der Kinder, sind für uns Erzieher/innen das Größte und lassen die Sorgen ein Stück in den Hintergrund rücken.
In erster Linie ist es unsere Haltung gegenüber den Kindern und deren Familien, die uns jeden Tag aufs Neue in die Kitas gehen lassen, auch wenn es aktuell alles andere als einfach ist. Zu den bereits schwierigen Alltagsbedingungen, werden die Abläufe in den Kitas seit über einem Jahr von Corona bestimmt. Leider wird nicht wahrgenommen, dass die Kitas in Rheinland-Pfalz im Dauerbetrieb laufen. Wo die Einrichtungen in anderen Bundesländern im Notbetrieb arbeiteten, hieß es für uns Regelbetrieb mit Einschränkungen. Nach einem Jahr sind viele Erzieher/innen an ihrer Belastungsgrenze angekommen und lassen Gedanken des Aufgebens zu. Der Traumjob wird zu einem Albtraum.
Zu Beginn haben wir bereitwillig viele Maßnahmen, Verordnungen und Umsetzungen von Gesetzen mitgetragen. Viele Kitas leiden unter den sich ständig veränderten Maßnahmen, die größtenteils nicht mehr nachvollziehbar sind. Träger werden durch die Gesetze handlungsunfähig, Leitungen organisieren nur noch die Umsetzung der Verordnungen und Erzieher/innen sind am Ende ihrer Kräfte. Das Verständnis vieler Eltern schlägt langsam in Unzufriedenheit und Wut um. Und als wäre das noch nicht genug, leiden die Kleinsten. Die Kinder nehmen die Situation nur noch hin. Sie sind die größten Verlierer in dieser Pandemie und wir werden noch lange mit den Spätfolgen zu kämpfen haben.
Seit Monaten wird durch Fachverbände, Trägerschaften und Gewerkschaften versucht, ein Dialog mit der Politik aufzubauen, um gemeinsam sinnenhaften Maßnahmen für die Kitas unter der Corona Pandemie zu erarbeiten. Leider vergeblich.
Die Haltung seitens der Politik unserem Berufsfeld gegenüber, ist mehr als niederschmetternd. Dies wurde in einer Videokonferenz, zu der der Präsident des Landesjugendamtes (Herr Detlev Placzek) einlud, sehr deutlich.
Aussagen wie: Erzieher/innen wären im Gesamtkontext nicht relevant – die Eltern wären nun einmal die weitaus größere Gruppe, zeigt die Haltung der Politik.
Die Maskenpflicht wird damit begründet, dass das Personal der Virustreiber in den Einrichtungen ist. Weiterhin werden die Kita-Träger als unfähig hingestellt, welche aber durch die Landesverordnungen keinen Handlungsspielraum bekommen. Verantwortung seitens der Politik wird auf andere abgewälzt.
Ein Schreiben des Landeselternausschuss Rheinland-Pfalz hat auch für Aufregung und Unverständnis gesorgt. Die Inhalte sind eher kontraproduktiv und steuern nicht wirklich zu einer positiven und konstruktiven Arbeit zwischen Politik-Trägern-Kitas bei.
Hinzu kommt, dass durch das Bundesinfektionsschutzgesetz (Bundesnotbremse) die Kitas zum Spielball der Inzidenzwerte gemacht werden. Die Notbremse beinhaltet eine Notbetreuung die in Wirklichkeit keine ist, da die zu erfüllenden Voraussetzungen einen zu großen Spielraum zulassen und die Kitas vielerorts trotzdem unter Volllast laufen. Planungssicherheit für die pädagogische Arbeit gibt es nicht mehr. Eltern stehen am Rande des Machbaren und lassen ihren verständlichen Unmut leider an denen nicht dafür verantwortlichen Personen aus.
Liebe Politik, es kann so nicht weiter gehen. Kinder leiden, Eltern leiden, Erzieher/innen leiden und ihr hört einfach weg. Es wird Zeit, endlich zuzuhören und nicht blind auf dem Rücken der Kitas diese Pandemie-Politik fortzuführen, die nur auf dem Papier schön aussieht.
Zeigen Sie uns endlich Perspektiven auf. Nehmen Sie endlich die Bedingungen in den sozialen Berufen wahr und gestalten Sie einen Rahmen, in der eine zukünftige qualitative Arbeit leistbar ist!
Michèle Kreul, KiTa-Leitung in Koblenz
Klatschen und danke sagen ist einfach!
Anerkennung sollte sich in der Vergütung während der Ausbildung und im Berufsleben gebührend wiederspiegeln !
Ganz genau! Und das ist schon lange überfällig!!!
Danke für den Artikel, sie schreiben mir aus der Seele! Vor kurzem habe ich meinen Beruf als Erzieherin nach über 30 Jahren genau aus diesen Gründen aufgegeben. Schade. Ich denke nicht, dass man jemals Gehör auf politischer Ebene finden wird, das habe ich vor einigen Monaten selbst zu spüren bekommen.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft!!!!
Absolut korrekt und unterstütze ich aus Elternsicht!
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