Der nachfolgende persönliche Kommentar von unserem Verbandsmitglied und Webadministratorin Sandra Krollmann bezieht sich auf die Pressekonferenz der Landesregierung Rheinland-Pfalz am 20. Januar 2021.
Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sich das gerade anfühlt: Wut, Resignation, Hoffnungslosigkeit. Alles irgendwie gleichzeitig, mal mehr, mal weniger. Wieder hat die Landesregierung entschieden, sich gegen den Bund-Länder-Beschluss zu stellen. Der Regelbetrieb bei dringendem Bedarf wird aufrechterhalten. Der Wille, die KiTa-Landschaft zum Guten verändern zu wollen und die Pandemie für die Kindertagesstätten tragbar zu machen, ist ungebrochen. Aber alle Versuche und Vorstöße scheitern an der Landesregierung Rheinland-Pfalz, die wider besseren Wissens ihre eigene Strategie unbeirrt weiter fährt.
Eltern gehen zuhause auf dem Zahnfleisch, weil der Spagat zwischen Arbeit außerhalb oder dem Home Office, der Kinderbetreuung und ggf. zusätzlich noch dem Home Schooling für ältere Geschwisterkinder gestemmt werden muss. Müssen die Kinder in die Einrichtung gebracht werden, weil es keine andere Option gibt, so haben die Eltern meist ein schlechtes Gewissen dabei.
Kinder leiden darunter, dass sie ihre Freunde nicht sehen können. Ihre geregelten Abläufe, die sozialen Kontakte zu anderen Kindern und Erwachsenen, die Bewegungsfreiheit im Kindergarten, die Unterstützung und Förderung in ihrer Entwicklung durch die Fachkräfte in den Einrichtungen: All das fehlt momentan zumeist. Und das macht ihnen natürlich zu schaffen. Und doch ertragen sie meist still das „blöde Virus“ und planen die Zeiten, in denen sie endlich wieder virusfrei spielen können. Und sie endlich wieder in den Kindergarten dürfen. Wir KiTa-Fachkräfte vermissen die sorgenfreie Arbeit mit den Kindern, auch wenn sie aufgrund der Rahmenbedingungen oftmals schwierig zu gestalten war.
Die Fachkräfte in den KiTas nehmen in Kauf, dass sie an vorderster Front stehen. Sie arbeiten Tag für Tag in den Einrichtungen und leben mit der Angst, sich eben doch noch anzustecken. Weniger Kinder in den Einrichtungen heißt natürlich, dass weniger Ansteckungsherde bestehen. Aber es bedeutet nicht, dass eine Ansteckung unmöglich ist. Die Ungewissheit bezüglich der Virusmutation und die immer noch fehlenden Schutzmaßnahmen für die Fachkräfte in den frühkindlichen Einrichtungen tun ihr Übriges. Und je länger der Regelbetrieb bei dringendem Bedarf dauert, umso mehr Probleme werden sich bei den Familien auftun. Irgendwann sind Kindkranktage und Urlaub aufgebraucht, das Verständnis des Arbeitgebers schwindet, die Nerven liegen blank. Und wir werden zusehen können, wie sich die KiTas immer weiter füllen. Was verständlich ist, denn die Landesregierung scheint sich keine Gedanken darüber zu machen, wie es langfristig weiter gehen soll. Was bringt die doppelte Menge an Kindkranktagen, wenn ein Ende der Pandemie nicht absehbar ist?
In den Einrichtungen wächst das Unverständnis für die Vorgehensweise der Landesregierung, sowohl auf Elternseite als auch auf der Seite der Träger, KiTa-Leitungen und Fachkräfte. Wie schwer kann es sein, für adäquaten Schutz des Personals zu sorgen?
Wieso bereitet dieser Regierung eine Rückkehr in den eingeschränkten Regelbetrieb solche Bauchschmerzen?
Die Regierung hat doch schon aus dem letzten Jahr diese Konzepte in der Schublade, die uns in den KiTas eine Anpassung der Öffnungszeiten und somit eine dauerhafte Rückkehr in geschlossene Gruppen ermöglichen würde. Ein solches Konzept wäre bereits erprobt, langfristig planbar und vor allem eine riesige Erleichterung auf allen Seiten. So könnten auch wieder die Kinder in die Einrichtung kommen, die es dringend brauchen und die wieder kommen möchten: tageweise, stundenweise, wochenweise. So wie es die einzelnen Einrichtungen gemeinsam mit den Eltern nach ihrem Bedarf langfristig planen könnten. Stattdessen wird ein Konzept verteidigt, welches in den Einrichtungen und in den Familien nachweislich zu Problemen führt. Was die Landesregierung wissen könnte, wenn der Blick vom Datenblatt der Infektionszahlen weg und in die Einrichtungen hinein gehen würde. Aber lieber verteidigt man das bisherige Vorgehen mit einem eigenen Experten, der es natürlich (!) viel besser weiß als die Virologen und anderen Wissenschaftler, die beim Bund-Länder-Beschluss zu Rate gezogen wurden. Der hat übrigens erstaunlicherweise festgestellt, dass Kinder ja auch weniger husten und niesen, wenn sie nicht krank sind. Und weitere Ansteckungswege in der KiTa wurden geflissentlich ausgeblendet.
In der heutigen Pressekonferenz wurde behauptet, die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz werden wie besprochen restriktiv umgesetzt. Stattdessen fährt das Land Rheinland-Pfalz einfach weiter wie bisher.
Ein „Einfach weiter so“ ist in unseren Augen verantwortungslos allen beteiligten Parteien gegenüber. Mit dem jetzigen Regelbetrieb bei dringendem Bedarf dümpeln wir weiter dahin. Aber die Wirtschaft läuft. Eine böse Vermutung lautet, dass die jetzige Situation ausgesessen werden soll, möglichst bis wir wieder in die wärmere Jahreszeit kommen, die die Ansteckungsrate erfahrungsgemäß drücken wird. Kollateralschäden werden in Kauf genommen, auf allen Seiten. Von dem großen Dankeschön seitens der Landesregierung können wir das Virus aber trotzdem nicht davon abhalten, Familien und Fachkräfte unter Druck zu setzen und in Gefahr zu bringen. Auf die nun erneut versprochenen Schutzmaßnahmen warten wir vermutlich wieder vergeblich.
Hoffen wir, dass wir mit dieser Vorgehensweise nicht gegen die Wand fahren.
Sandra Krollmann
Erzieherin in einer rheinland-pfälzischen KiTa
Danke Sandra, du sprichst mir aus der Seele…
Danke Sandra , wahre Worte…..
Danke, liebe Frau Krollmann, für Ihren Einsatz!
Schicken Sie das Schreiben doch bitte so auch an Malu Dreyer, Stefanie Hubig, Sabine Bätzing-Lichtenthäler und vor allem an die Presse!
Als vulnerabler Mann (Chemo) einer Erzieherin, verfolge ich aufmerksam die derzeitige Debatte bezüglich der Kitöffnungen. Ich wundere mich, wie schlecht die Arbeitgeber ihre Fachkräfte schützen, die man offensichtlich so notwendig braucht. Wie wenig Wertschätzung Ihr tatsächlich bekommt. Wo ist da die Fürsorgepflicht? Warum gibt es keine Anweisung an die Kita-Leitungen, wie die Bedürftigkeit zu handhaben ist. Warum gibt es keine kostenlosen Masken (FFP2)für die Fachkräfte einer Kita. Warum gibt es nicht mehr Schnelltests? Die kosten weniger als vier Euro. In fast jeder Kita arbeiten ehemalige Krankenpflegekräfte, bzw. Arzthelferinnen, die das über einen Rachenabstrich machen könnten. Einmal in der Woche würde monatlich 20 Euro kosten. Ein Klacks zu den Kitagebühren, die noch vor einigen Jahren von den Eltern zu entrichten waren. Ich hoffe, dass Ihr wenigstens keine Problem bekommt, wenn die Frage gestellt wird, ob eventuelle Covid- Langzeitschäden als Arbeitsunfall gewertet wird.