Gespräch mit Bettina Brück, der rheinland-pfälzischen Staatsekretärin für Bildung

Mitte Mai 2022 nahm sich Staatsekretärin Bettina Brück mehr als eine Stunde Zeit, um mit dem Kita-Fachkräfteverband zu sprechen. Aus terminlichen Gründen auf Seiten der Verbandsvorsitzenden Frau Theobald fand das Gespräch aber online statt. Frau Brück wurde von der Abteilung frühkindliche Bildung des BM in Person von Frau Roth und Frau Reinert-Benedyczuk sowie der Bildungsexpertin der SPD, Frau Eghbalizadeh unterstützt.

Wir sind froh über die Gesprächsbereitschaft der politisch Verantwortlichen und dass wir als Stimme aus der Praxis gesehen und gehört werden. Über den Fachausschuss 2 des LJHA können wir außerdem konkrete Vorschläge in die Diskussion mit einbringen.

Kurz nach Verbandsgründung vor noch nicht mal zwei Jahren sorgte unsere Kritik nicht selten für Irritation, wenn wir auf Probleme und Missstände in den Kitas hinwiesen. Es gäbe vielleicht bedauerliche Einzelfälle, aber das Gros der Erzieher*innen und auch Eltern sei sehr zufrieden mit der frühkindlichen Betreuung und Bildung in RLP, bekamen wir oft zu hören.

Solche Statements hören wir mittlerweile fast nicht mehr. Die Probleme sind nun auch im Ministerium angekommen und präsent.

Es herrscht bei allen Kita-Akteuren Einigkeit, dass der Fachkräftemangel die Betreuungssituation in den Kitas vor große Herausforderungen stellt.

Frau Roth bestärkte die Kita-Fachkräfte, konsequent die Maßnahmenpläne der Kitas zu aktivieren, um keine prekären Verhältnisse entstehen zu lassen. Es ist wichtig, dort die Grenze zu ziehen, wo die eigene Verantwortung endet und Beschwerden an die richtigen Stellen zu verweisen. Wenn Ihr dazu konkrete Fragen oder Problemstellungen habt, schreibt gern eine Mail an info@kitafachkraefteverband-rlp.de.

Die Landesregierung ist unter anderem dafür verantwortlich, ausreichend viele Fachkräfte auszubilden, damit die Träger den vollen Personalschlüssel gewährleisten können.

KiTaG §21 Absatz 6: Die für die Tageseinrichtung vorgesehene personelle Besetzung mit pädagogischen Fachkräften nach den Absätzen 3und 4 und § 22 ist grundsätzlich während des ganzen Jahressicherzustellen. Eine Unterschreitung ist umgehend auszugleichen. Durch den Träger der Tageseinrichtung sind Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen.

Kann der Träger nicht den vollen Personalschlüssel gewährleisten, greift der Maßnahmenplan der Kita. Je nachdem wie viel Personal fehlt, werden pädagogischen Angebote oder Betreuungszeiten eingeschränkt, Eingewöhnungen verschoben oder Aufnahmen gestoppt.

Die Landesregierung wird in den nächsten Jahren die Herausforderung zu meistern haben, dass geeignete Bewerber*innen in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen und von den Trägern eingestellt werden können.

Der Kita-Fachkräfteverband hat Frau Brück gefragt, was die Regierung aktuell und zukünftig tut, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Das sind ihre Antworten:

  • Es werden zusätzliche Fachschulplätze im Land geschaffen. Allen Bewerber*innen, die dies wünschen, wird die Ausbildung in praxisintegrierter vergüteter Form angeboten. Die Schulen führen keine Wartelisten mehr, sondern bieten allen geeigneten Bewerbern Ausbildungsplätze an. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Träger in ihren Kitas ausreichend viele Praxisanleitungen qualifizieren und Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Geht mit eurem Träger ins Gespräch, wenn er beispielsweise nur einen AZUBI pro Kita genehmigen will. Das ist in der aktuellen Lage nicht hinnehmbar. Das Land limitiert hier nicht und übernimmt anteilmäßig die Kosten aller AZUBIS. Ein Teil der Kosten bleibt allerdings bei den Trägern hängen. Wie die Kosten hier zukünftig verteilt werden und ob das Land zukünftig vielleicht die Ausbildungsvergütungen zu hundert Prozent übernehmen könnte, muss die Trägerebene mit der Landesregierung diskutieren. Eines ist jedoch klar. In Zeiten eines eklatanten Fachkräftemangels müssen alle ausgebildet werden, die geeignet sind und Erzieher*in werden möchten. Hier darf kein Potential verloren gehen.
  • Für Abiturientinnen und Abiturienten gibt es an der Hochschule Koblenz einen dualen Studiengang „Bildung und Erziehung.“

Studierende arbeiten in einer Kita und Präsenzphasen an der Uni. Das Bildungsministerium wird diese Ausbildungsmöglichkeit gezielt bewerben und damit bekannter machen.

  • Studierende können als Werkstudenten auch in Kitas als Hilfs -oder Vertretungskräfte eingestellt werden.
  • Die Schaffung von Vertretungspools, mit denen Personalausfälle kompensiert werden können, liegt im Verantwortungsbereich der Träger. Stehen keine Vertretungskräfte zur Verfügung, greift der Maßnahmenplan.
  • In den nächsten Jahren werden die Kitas nicht ohne Hilfskräfte, die fachfremd oder geringer qualifiziert sind, auskommen. Der Vorschlag des LEA und des Kita-Fachkräfteverbands, Hilfskräfte nur zu 70% oder 75% auf den Stellenschlüssel anzurechnen und dadurch einen gewissen Ausgleich zu schaffen, wird aktuell in der Landesregierung diskutiert.
  • Inwieweit eine Stärkung der Tagespflege das Kita-System entlasten könnte, ist  derzeit nicht Gegenstand der Diskussion. Dem Bildungsministerium ist wichtig, dass der qualitative Unterschied zwischen Kita und Tagespflege erhalten und sichtbar bleibt. Der Kita-Fachkräfteverband wünscht sich ein weiteres Gespräch über die Frage: „Welche pädagogische Qualität hat die Betreuung der zweijähriger Kinder in Regeleinrichtungen mit einem Betreuungsschlüssel von einer Kraft für 10 Kinder (Altersgruppe 2-6 Jahre)?“  Hierbei sind noch nicht einmal Zeiten für Teamgespräche oder Vor- und Nachbereitung der päd. Arbeit mit eingerechnet.
  • Das Land bezahlt anteilig zusätzliche Hauswirtschaftskräfte, um das päd. Personal in der Mittagszeit zu unterstützen. Verschiedene Träger, Kommunen oder Kreise deckeln die Kosten trotzdem und sind nicht bereit, zusätzliche Kräfte einzustellen. Frau Roth ermutigte die päd. Kräfte, sich in der herausfordernden Mittagszeit auf ihre pädagogischen Aufgaben zu konzentrieren, um die Kinder in verantwortlicher Weise zu begleiten. Sie sollen deutlich machen, dass sie nicht für hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie Matratzen richten und wegräumen, Essen hin und her tragen oder Essensreste zusammenzukehren zur Verfügung stehen.

Der Kita-Fachkräfteverband bedankt sich für das intensive Gespräch und wünscht sich, dass der Dialog fortgesetzt wird, da zu vielen Fragen des Kita-Alltags weiterer Gesprächsbedarf besteht.

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