Kita-Fachkräfte waren zu lange still!

Ein Gedanke zu den Neuerungen, die ermöglichen, dass Kita-Kinder nach Kontakt mit Infizierten einen Tag später die Kita wieder besuchen können:
Ein Gedanke? Ein Entsetzen! Unfassbarkeit!
Es bleibt nicht bei einem Gedanken, denn zu viel ist passiert und der längste Atem hat ein Ende! Ein Luftholen muss jetzt zu einem Aufschrei werden!
Kita-Personal zählt nicht! Wieder erfahren wir, wie verantwortungslos mit uns und den Kindern umgegangen wird. Inkubationszeiten gelten nicht bei Kindern, das wird erst schlagartig mit Schuleintritt relevant. Es ist unfassbar, wie sich die verantwortlichen Politiker, auf Studien beziehen, die ihr Vorgehen rechtfertigt, ohne die Aussagen anderer Fachleute zu beachten. Über die Auswirkungen für die Betroffenen werden sich keine Gedanken gemacht. Wieder einmal zeigt sich, wie sie die Bedürfnisse der Wirtschaft, über die Bedürfnisse von Kindern und Kita-Personal stellen. Eltern müssen arbeiten können, das Wohl des Kindes wird unter dem Deckmantel „Recht auf Bildung“ missachtet.


Ein sicherer Betrieb in Kitas wäre einfach zu gewährleisten, wenn alle Beteiligten regelmäßig verbindlich getestet wären. Eltern hätten die Sicherheit, dass ihr Kind möglichst nicht einer Virenlast ausgesetzt wird. Das Personal könnte wieder ohne Furcht, etwas mit nach Hause zu nehmen, mit den Kindern arbeiten.
Ich erzähle hier nichts Neues. Das alles ist bekannt.
Trotzdem ist es vielleicht wichtig zu hören, was im Einzelnen und vor allem in der Menge dazu führt, dass meine Kraft, mein Optimismus, meine Geduld, mein Kopf-hin-halten ein Ende hat.
Die ernsthafte Überlegung zu kündigen und den Beruf zu wechseln ist da. Ich kann momentan niemanden raten sich als Erzieher*in ausbilden zu lassen.


Ein Rückblick auf die Zeit mit Corona:
Alles wird geschlossen, die Straßen sind so gut wie nicht befahren. Nur Kita-Mitarbeiter sind auf dem Weg, denn wir haben Anwesenheitspflicht. Privat haben wir jeden Kontakt zu vermeiden. Alle Arbeiten müssen akribisch dokumentiert werden, nicht dass Löhne fürs Nichtstun gezahlt werden. Es wird indirekt unterstellt, die Arbeit von Kita-Fachkräften bestehe nur aus Spielen und Basteln. Vor- und Nachbereitung von Projekten und Angeboten, Entwicklungsdokumentation, Vorbereitung von Elterngesprächen werden nicht gesehen.


Im Notgruppenbetrieb wird unsere ganze Kreativität gefordert. Da wird dankbar von Politikern erwähnt, welch tolle Arbeit wir leisten. Schutz für uns gibt es keinen. Empfehlungen vom arbeitsmedizinischen Dienst, die Kleidung arbeitstäglich zu wechseln und bei 60° zu waschen, sind kaum praktikabel. Wer hat Kleidung, die diesen Temperaturen standhält? Die ernüchternde Antwort, auf die Anfrage beim Arbeitgeber nach einer Kostenbeteiligung für geeignete Kleidung, das könne nicht geleistet werden, ist genug Ausdruck der Wertschätzung unserer Arbeit.


Lüften wird ab sofort zum Virenkiller Nummer eins erklärt. Was im Sommer und Herbst noch gut funktioniert, wird im Winter zur Extrembelastung von Kindern und Personal. Für die Ärztin des arbeitsmedizinischen Dienstes, die im Januar 2021 in der Kita war, war es wohl sehr belastend, das Fenster des ihr zur Verfügung gestellten ca. 40 qm großen Raumes nach jedem Gespräch zu öffnen. Währenddessen teilten sich ein Stock höher 25 Kinder und drei Erwachsene einen wesentlich kleineren Raum, in dem alle 20 Minuten das Fenster geöffnet wurde. Hatten wir auf Beratung und mögliche Tipps, wie wir uns besser schützen könnten, gehofft, so wurde schnell klar, dass auch hier sich unser Arbeitgeber ganz andere Sorgen machte. Wir wurden in Sachen Handpflege beraten und die Hände auf Schädigung durch häufiges Hände waschen und Desinfizieren inspiziert. Sind das die einzigen Probleme, die gesehen werden?


Es wurde noch nie und wird auch nicht anerkannt, dass alle Menschen ein Recht haben sich bestmöglich vor Ansteckung zu schützen. Während mancher sicher zuhause im Homeoffice ist, sind eben andere an erster Front und werden versuchslaborgleich in einem Massenexperiment geopfert. Wöchentlich neue Regeln, die nicht umsetzbar sind. Man erinnere sich nur an die Aussage, dass bei der Sprachförderung keine Maske getragen werden müsse. Wer jemals Sprachförderung im direkten Kontakt mit Kindern durchgeführt hat, weiß, dass es kaum ein feuchteres mit Aerosolen angehäuftes Feld gibt. Sprachförderung ist alltagsintegriert und unser täglich Brot.


Ich hoffe, es war nur ein ungewollter Fehltritt unseres Arbeitgebers, der uns zu Weihnachten 2019 Stoffmasken mit dem Aufdruck der Kirchengemeinde schenkte. Sollte ich mich wirklich darüber freuen, dass hier alles gegeben wird, das Personal gesund zu erhalten? Die erste Weigerung uns mit medizinischen und FFP2 Masken auszustatten, lässt anderes erkennen. Erst nach der Kostenübernahme durch das Land wurden wir bedacht. Traurig aber wahr.


Das „Schnupfen-Papier“ ist Zeichen eines weiteren Auswuchses der Absurditäten, die entstehen, wenn die Praxis nicht beachtet wird. Tägliche Diskussionen mit Eltern, da die klare Auslegung, verborgen bleibt. Kinder werden zum Lügen angehalten, um möglichen Husten zu verbergen. Kinder fehlen über Wochen ohne entschuldigt zu sein. Nicht alle Eltern informierten, wenn es zu einer Infektion mit Covid kam. Nach Kontakt werden Kinder einfach 10 Tage zuhause gelassen und nicht getestet, da sich bei einem positiven Test das auf die ganze Familie auswirken könnte. Wer sich in der Zwischenzeit noch angesteckt haben könnte, ist uninteressant. Und wieder steht das Kita-Personal in der ersten Reihe.


Das Gesundheitsamt ist überlastet. Was das für andere Infektionen bedeutet, zeigt sich, wenn von 45 Kindern gleichzeitig 13 mit Brechdurchfall betroffen sind. War dies früher Anlass für schärfere Maßnahmen, so wird es momentan einfach ignoriert. Kinder werden mit Aussagen wie „er hatte heute Morgen seine Milch zu schnell getrunken“, „sie wächst“ … gebracht. Eine Unterbrechung der Infektionskette geschah lediglich durch die Weihnachtsferien. Schade nur für alle Mitarbeiter, die Weihnachten im Bad verbrachten.


Es sind die vielen kleinen und großen Missachtungen unserer Arbeit, die sich zusammen zu einer kaum zu ertragenden Last entwickeln.


Kein anderes Berufsfeld wird zurzeit so bevormundet und reglementiert. Jeder noch so Ungelernte und Unerfahrene nimmt sich das Recht heraus, Vorgaben zu machen, zu bestimmen und zu urteilen. Mit Schrecken denke ich an all die unmöglichen Forderungen, die mit dem neuen Kita-Gesetzt Realität geworden sind.


Kita-Fachkräfte waren zu lange still!


Ein großes Dankeschön an den Verband der unsere Stimme ist!

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